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Der Satz ist provokant? Möglicherweise. Und doch enthält er einen wahren Kern. Der Irrglaube, vor allem hochbegabten Kindern fiele alleine durch ihre Hochbegabung alles in den Schoß, hat sicher viele Hochbegabungen schon im Keim erstickt. Ohne verstärkte Zuwendung und liebevolle Förderung sind hochbegabte Kinder genauso zum Scheitern verurteilt, wie wahrhaft behinderte Kinder.

Hochbegabung ist eine Gottesgabe, ein Potential, das genutzt oder verschüttet werden kann. Unsere Pflicht als Eltern oder Betreuer eines möglicherweise hochbegabten Kindes ist es, unseren Kindern alle Möglichkeiten zu geben, dieses Potential sich entfalten zu lassen.

Die Informationen über Hochbegabung im Kleinkindalter sind leider sehr dürftig. Es wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig für ein begabtes Kind möglichst frühe Förderung sei, doch über Möglichkeiten von sinnvoller Förderung und genauere Anleitungen ist nicht viel zu finden.

Es bginnt schon mit der Problematik des Testens: Intelligenztests lassen sich im allgemeinen erst im Alter von zehn Jahren, allerfrühestens mit 6 Jahren durchführen. Bei einem Intelligenztest wird die Fähigkeit zu logischem Denken und zur Erarbeitung kreativer Lösungsansätze überprüft; jüngere Kinder geben im Großen und Ganzen nur das wieder, was ihnen die Eltern beigebracht haben.

Sämtliche Tests, die zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden, geben nur Auskunft über den Entwicklungsstatus des Kindes, also ob es auf bestimmten Gebieten eine altersgemäße Entwicklung zeigt, ob es seinen Altersgenossen voraus oder ihnen gegenüber zurück ist. Dies sagt jedoch nichts über die Intelligenz eines Kindes aus, da die Entwicklungsgeschwindigkeit eben sehr unterschiedlich ist. Auch sind diese Tests eher dafür entworfen, mögliche Defizite in der geistigen oder körperlichen Entwicklung (die bei Babys ja Hand in Hand geht) aufzuzeigen, als sich mit Intelligenz bei kleinen Kindern auseinanderzusetzen.

Ab dem 3. Lebensjahr werden schon standartisierte Begabungstests durchgeführt, doch das Ergebnis dieser Tests ist natürlich von der Kooperationsbereitschaft des Kindes abhängig. Bei Vorschulkindern ist es häufig so, daß sie Aufgaben, die sie zu Hause problemlos bewältigen, in fremder Umgebung und in Gegenwart fremder Menschen verweigern. Auch die "gemeinsame Sprache" mit dem Kind hat großen Einfluß auf das Ergebnis: Ein Kind, das von zu Hause das Wort "Paradeiser" kennt, wird den Ausdruck "Tomate" nicht zuordnen können, eines, dessen Eltern Kaffeetrinker sind, wird nicht wissen, wie man Tee kocht.

Aus diesen Gründen ist es nur einer sehr erfahrenen psychologischen Kraft möglich, eine Einschätzung - die nicht immer mit dem Testergebnis übereinstimmt - zu treffen.

Dies ist für die Eltern von möglicherweise hochbegabten Kindern natürlich unbefriedigend. Einerseits soll man möglichst früh fördern, andrerseits will man sein Kind natürlich auch nicht überfordern. Die Sicherheit, die man durch ein überdurchschnittliches Testergebnis bekommt, fehlt hier völlig, man kann sich nur auf sein eigenes Gefühl verlassen, immer der Gefahr ausgesetzt, in sein Kind etwas hineinzuinterpretieren, das mehr auf elterlichem Stolz als auf Tatsachen beruht.

Ein kluger Ratschlag ist sicher der, vorerst einmal jedes auffällige Kind wie ein hochbegabtes zu behandeln, stellt sich später heraus, daß doch keine Hochbegabung oder überdurchschnittliche Intelligenz vorliegt, hat es dem Kind in keinem Fall geschadet. Voraussetzung dafür ist natürlich, daß man sich absolut vom Kind führen läßt, dem Kind niemals etwas aufzwingt und alle "Übungen" nur spielerischen Charakter haben. Oberstes Gebot: wenn das Kind nicht mehr will, ist Schluß!

Da wie gesagt sehr wenig von "offizieller" Seite getan wird, habe ich eine private Mailingliste für "betroffene" Eltern gegründet. Unsere "Kluge-Kinder-Liste" dient dem Erfahrungs- und Meinungsaustausch, erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und wird von Eltern mit möglicherweise hochbegabten Kindern zwischen 2 und 6 Jahren frequentiert. Wer an unserem Briefwechsel teilhaben möchte, liest sich bitte die Seite "Mailingliste" durch und meldet sich ebenda an.